FDP, Grüne, SPD & Volt verabschieden Haushalt 2025: Haushaltsrede von Jörg Berens

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

mit dem Beschluss der Haushaltssatzung endet heute eine beratungsintensive Zeit. Wir verabschieden heute den Haushalt, den der Oberbürgermeister das letzte Mal als Entwurf eingebracht hat. Er selbst hat entschieden, bei der kommenden Kommunalwahl nicht erneut zu kandidieren.

Herr Oberbürgermeister, 16 Jahre waren Sie der erste Bürger unserer Stadt. Gleich zweimal haben Sie sich sehr erfolgreich zur Wiederwahl gestellt. Bei allen inhaltlichen Unterschieden, darf ich mich bei Ihnen im Namen meiner Fraktionen, die Sie über all die Jahre konstruktiv-kritisch begleitet haben, sehr herzlich bedanken. Sie haben die Gesellschaft auch in schweren Zeiten, wenn gesellschaftliche Verwerfungen drohten, zusammengehalten und die Grundwerte unserer Demokratie und unserer Stadt verteidigt! So wird Ihre Amtszeit in Erinnerung bleiben. Und dort wo wir konnten und mussten, haben wir Sie gerne zu einer besseren Politik angetrieben. Das ist uns, wie Ihnen, mal besser und mal schlechter gelungen. Danken will ich auch für das stets faire Miteinander und den kollegialen, respektvollen Umgang mit uns! Dass es aber inhaltliche Unterschiede zwischen Ihnen und uns gibt, haben wir stets deutlich gemacht und die heutigen Änderungen am Haushalt tun dies ebenfalls.

Mit diesem Haushalt übernehmen die Freien Demokraten eine neue Rolle in Münster. Während in Berlin die Ampelparteien sogar beim Auseinandergehen in Streit und Chaos enden, hat sich hier eine Haushaltsmehrheit aus Grünen, SPD, VOLT und Freien Demokraten an die Arbeit gemacht, den Haushaltsentwurf des Oberbürgermeisters besser zu machen. Am Anfang steht die Analyse: Die Lage ist dramatisch! In den vergangenen Jahren ist es verpasst worden, das strukturelle Defizit des Haushalts zurückzuführen. Jetzt, mit sich weiter eintrübenden Rahmenbedingungen, segelt auch eine vermeintlich reiche Stadt wie Münster sehr hart am Wind. Es fehlt nicht viel, dann kentert das Boot. Und mit Schlagseite sind wir dann in der Haushaltssicherung. Als Liberaler könnte ich es mir einfach machen und sagen: Gut so, dann liegt der Haushalt endlich in der liberalen Hand des Regierungspräsidenten am Domplatz, aber Herr Bothe hat auch so schon genug zu tun! Deswegen: Wenn es brennt, ruft man die Feuerwehr und wenn der Haushalt in Not ist, ruft man die Freien Demokraten.

Und weil das so ist, kommt dieser Haushalt auch ohne Steuererhöhungen aus. Denn allzu oft, und auf allen politischen Ebenen, greift Politik den Menschen zu gerne in die Taschen. Aber wir haben beileibe kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem. Klar ist, dass es aktuell schwer ist, die Ausgaben zu begrenzen. Gerade im Bereich von Kindern, Jugendlichen und Familien sind die Kosten in Folge von Tarifsteigerung und Inflation so deutlich gestiegen, dass die öffentlichen Haushalte unter Druck gesetzt werden. Für uns war aber immer klar, dass wir diesen Bereich nicht in den Mittelpunkt von Kürzungsvorschlägen stellen werden, wie es die Verwaltung überraschenderweise mit Ihrem Papier zur Finanzstabilität des Haushalts getan hat. Da das mit uns nicht zu machen ist, mussten wir, bevor wir die mittelfristige Finanzplanung stärken konnten, erstmal Ersatz für die nicht umsetzbaren Vorschläge der Verwaltung finden.

Alle Verhandlungspartner haben sich daher zum Ziel gesetzt, das Verwaltungshandeln im Ganzen zu betrachten und zu einer Aufgabenkritik anzusetzen. Denn wenn gespart werden muss, muss die Verwaltung mit gutem Beispiel vorangehen!

Gleichzeitig haben wir eben bereits beschlossen, dass die wirtschaftliche Entwicklung eines von 5 Zielen des kommunalen Handelns in Münster wird. Was der Oberbürgermeister sich zuletzt beim Wirtschaftsgipfel wünschte, setzen jetzt die Freien Demokraten um. Denn ohne die Wirtschaft in unserer Stadt, sind all die Standards und all die freiwilligen Leistungen des Haushalts unmöglich. Unser politisches Handeln muss sich daher zukünftig stärker auch daran orientieren, was die Gewerbetreibenden in unserer Stadt brauchen. Das ist nicht nur klug und zukunftsbewusst, es ist auch eine Frage des Respekts vor den Leistungen vieler fleißiger Menschen. Es ist eine Frage der Willkommenskultur für unseren Mittelstand. Wenn schon auf Bundesebene die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zuletzt nicht verbessert werden konnten, zeigen wir in Münster mit der neuen Prioritätensetzung, was wir an unserer heimischen Wirtschaft haben!

Mit dem Stellendeckel und dem stückweisen Abbau von Stellen im Zuge des digitalen Transformationsprozesses haben wir vermutlich den größten Baustein für die finanzielle Stabilität der kommenden Jahre gesetzt. Auch wenn wir hier den letzten Haushalt dieser Ratsperiode beschließen, war es uns wichtig, auch die mittelfristige Finanzplanung in den Blick zu nehmen. Ohne Frage steigen die Anforderungen an die Verwaltung, aber das muss nicht automatisch zu Stellenaufwuchs führen!  Eine ehrliche Aufgabenkritik kann und muss, wenn man sich die finanzielle Lage der Stadt anschaut, benötigte Kapazitäten freisetzen. Das ist insofern auch entscheidend, wenn man sich die demografische Entwicklung und den Mangel an Fachkräften anschaut. Es ist Zeit, dass wir auch im Personalwesen Prioritäten setzen. Für uns gilt: Neustrukturierung vor Neubesetzung.

Was wir hier beschließen, ist nur ein Baustein für Veränderungen, umsetzen muss es am Ende die Verwaltung. Das ist, wenn es um die Zuschüsse der Stadt Münster an Dritte geht, leider nur bedingt gelungen. Der Rat hat im Jahr 2021 beschlossen, dass die Zuschüsse grundsätzlich befristet werden. 2022 wurde ein noch klareres Umsetzungsprofil beschlossen. Wir müssen leider feststellen, dass immer noch ein großer Teil der Zuschüsse nicht befristet ist. Die Befristung ist aber notwendig, nicht nur weil die Verwaltung verpflichtet ist unseren Beschluss umzusetzen, sondern gerade weil die Befristung ein zentrales Steuerungselement für mehr Transparenz darstellt! Kernziel ist es, in regelmäßigen und angemessenen Abständen durch die Möglichkeit eines Neuantrags der jeweiligen Vereine, Vereinigungen und Verbände, die Wirksamkeit der jeweiligen Zuschüsse zu überprüfen und ggf. nachzusteuern. Grundlagen, Bewertungen oder Notwendigkeiten können sich mit der Zeit ändern. Wir haben diesen klaren Auftrag wiederholt und werden auf die Umsetzung ganz genau achten.

Einen Punkt, den die Verwaltung zum Beschluss vorlegt, will ich aber noch hervorheben: Mit der Vorlage zur Finanzstabilisierung beschließen wir gleich, dass wir uns bei Investitionen grundsätzlich nur an die gesetzlichen Standards von Land und Bund halten und keine Münster-Standards mehr anweisen wollen. Richtig so! Deswegen war es uns auch wichtig, dass hier keine Veränderungen an der Vorlage vorgenommen werden. Ich bin nicht so vermessen zu glauben, dass das bereits das Ende der häufig genannten Münster-Standards ist. Aber es ist eine Verpflichtung an die Verwaltung und die Politik, zu erklären, warum man über die gesetzlichen Vorgaben hinausgeht. Erklären erfordert Nachdenken, Nachdenken fördert den gesunden Menschenverstand. Kurz vor Weihnachten erlaube ich mir, hierhingehend Wünsche und Träume zu haben.

Wer aber glaubt, dass mit diesem Sparhaushalt das Konsolidieren beendet ist, der irrt; und zwar gewaltig! Denn dafür wurde in den vergangenen Jahren viel zu wenig auf Freie Demokraten gehört, wenn es um den Haushalt geht. Stattdessen kann dies nur der Auftakt einer weiteren, vermutlich noch schwierigeren Sparrunde sein. Deswegen braucht es auch eine globale Minderausgabe. Sie macht deutlich, dass auch im nächsten Haushalt die Verwaltung Sparvorschläge unterbreiten muss und wird. Und wir haben hier die klare Erwartung, dass der angestoßene Transformationsprozess nicht nur teuer ist und gut klingt, sondern auch erhebliche Effizienzen hebt.

Die gute Nachricht kommt zum Schluss. Es ist ein wirklich gutes Zeichen, dass alle Fraktionen hier im Rat bekundet haben, dass angesichts der Misere bei unseren Kitas eine Erhöhung der Beiträge für Eltern unanständig gewesen wäre, wenngleich die schwarze Fundi-Ecke die Gegenfinanzierung schuldig geblieben ist. Ich glaube auch bei den Sparnotwendigkeiten im kommenden Haushalt wäre die Verwaltung gut beraten, Vorschläge zu unterbreiten, die nicht in diesen Maßen zu Lasten von Kindern und Eltern gehen! Wohlweislich, dass auch die dickste Zitrone irgendwann ausgequetscht sein wird.

Die heute zu Ende gehenden Haushaltsberatungen waren so schwierig wie nie. Wir Freien Demokraten beweisen, dass wir Verantwortung übernehmen, wenn es nötig ist. Wir beweisen, dass wir unserem Reden in der Opposition Taten in einer Mehrheit folgen lassen. Daher geht mein Dank an die Kolleginnen von Grünen, SPD und Volt. Es ist nicht immer einfach mit euch - mit uns sicher auch nicht. Wir haben hart, aber fair und stets auf Augenhöhe diskutiert. Die Verhandlungen haben sowohl die Unterschiede als auch die Gemeinsamkeiten deutlich herausgestellt. Letzteres hat einen gemeinsamen Haushaltsansatz möglich gemacht, ersteres zeigt, warum wir politische Mitbewerber bleiben und wir als FDP für andere Mehrheiten streiten als das Bündnis. Mein besonderer Dank geht aber an die Geschäftsstellen, denn ohne die Hauptamtlichen wären wir häufig nur die Hälfte wert, jedenfalls gilt das für meine Fraktion.

Bis September läuft diese Periode noch und wir dürfen nicht die Füße hochlegen oder uns nur auf Wahlkampf konzentrieren. Es liegt noch viel vor uns. Wir müssen und werden weiter hart über die Lösungen der anstehenden Herausforderungen diskutieren.

Dann geht eine der wahrscheinlich schwierigsten Ratsperioden der jüngeren Geschichte zu Ende. In Corona gestartet, wurden wir mit den großen Herausforderungen der Weltpolitik konfrontiert, wenn man an den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine denkt. Wir alle haben hart miteinander und vielleicht manchmal auch mit uns selbst gerungen. Am Ende aber haben wir immer Lösungen gefunden. Der Ton ist rauer geworden, daran lässt sich arbeiten.

Der Grund aber, warum wir hier nur einen Rechtsaußen sitzen haben, hat auch mit diesem Rat zu tun: Weil hier 65 Menschen plus Oberbürgermeister als Demokraten sitzen, andere Meinungen achten und respektieren, und auch mal in der Lage sind, Parteibrillen abzusetzen. Weil wir ohne Probleme nach der Sitzung nebenan das Glas erheben können und wir uns gegenseitig ehrbare Motive und guten Willen unterstellen können. Denn am Ende geht es uns allen doch um eine friedliche und bessere Zukunft für uns und unsere Kinder!