Haushaltsrede im Rat der Stadt Münster am 15.12.2021

"Die letzten anderthalb Jahre waren hart. Nur gemeinsam aber werden wir diese Pandemie hinter uns lassen!"

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Dieses Jahr endet bedauerlicherweise genauso wie das Letzte. Die Lage ist weiter ernst. Die Infektionszahlen sind hoch, Menschen sterben. Die aufkommende Corona-Variante Omikron verschärft möglicherweise die Situation vor dem bevorstehenden Jahreswechsel. Den ungeimpften Menschen, die heute vielleicht uns im Stream zu Hause verfolgen, rufe ich zu: Lassen Sie sich impfen! Suchen Sie das Gespräch mit Ihrer Hausärztin oder Hausarzt, hören Sie auf die Experten. Sie schützen nicht nur sich selbst, sondern auch die Menschen in Ihrem Umfeld.

Die letzten anderthalb Jahre waren hart. Nur gemeinsam aber werden wir diese Pandemie hinter uns lassen!

Deswegen will ich namens der Fraktion der Freien Demokraten wie im letzten Jahr mit einem Dank beginnen. Unser Dank gilt Wolfgang Heuer als Leiter des Krisenstabs und dem ganzen Team. Einbeziehen will ich gerne insbesondere die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitsamts sowie alle anderen städtischen Angestellten, die mit Corona und seinen Auswirkungen zu tun hatten.

Danken will ich aber natürlich auch den vielen Menschen, die im Gesundheitssektor arbeiten. Den Ärzten, die in unserer Stadt sich so stark an den vielen Impfaktionen beteiligt haben, den Pflegenden und dem ärztlichen Personal, die sich aufopferungsvoll den zum Teil Schwersterkrankten widmen. Den Menschen, die die eine oder andere entstandene Lücke im System geschlossen haben und Ihre Nachbarn zu Impfterminen begeleitet haben oder für Freunde und Verwandte in Quarantäne einkaufen gegangen sind.

Und last but not least will ich den Kaufleuten und Gastronomen herzlich Danken. Wie schnell und ich welch guter Kooperation in diesem Monat die 2-G-Regel umgesetzt wurde, war ebenso beeindruckend, wie das scheinbar grenzenlose Verständnis der Gastronomen, die dem Gesundheitsschutz ohne Diskussion ihrer eigenen wirtschaftlichen Existenz vorziehen. Dies ist nicht selbstverständlich!

"Münster braucht weniger Städtetagspräsident, Münster braucht mehr Oberbürgermeister."

Vor gut zwei Monaten hörten wir von dieser Stelle zwei Reden zur Einbringung des städtischen Haushalts 2022.

Die Eine sprach die Probleme unserer Stadt an. Wir sind zwar vergleichsweise gut durch die Corona-Krise gekommen, doch haben wir seit Jahren über unseren Verhältnissen gelebt. Auch auf die begrenzten Ressourcen der Stadtverwaltung wurde wenig Rücksicht genommen. Es fehlt an Prioritäten. Und so sind am Ende des Jahres nicht nur viele Träume, sondern auch vieles, was notwendig wäre, nicht nur nicht fertig, sondern nicht einmal ansatzweise angegangen. Die Stadtkämmerin hat bei ihrem ersten vollständig zu verantwortenden Haushalt die Finger richtigerweise in die Wunde gelegt.

Die andere Rede wollte große Zusammenhänge zeichnen. Klimaschutz ist internationale Aufgabe, aber auch Münster muss was tun. Die urbanen Quartiere sollen luftig sein und hohe Lebensqualität haben, der Musikcampus ein Projekt, das europaweit beachtet wird.

Doch augenscheinlich gibt es keine Antworten darauf, wer das alles bezahlen soll. Keine Antwort auf die Frage was zuerst gemacht werden soll. Keine Antwort darauf, wie es nach dem theoretischen Klimaschutz nun praktisch weitergehen soll. Und auch keine Antworten auf Fragen nach der Mobilität der Stadt - nicht in Deutschland oder Europa, sondern hier zwischen Wolbeck und der Innenstadt, zwischen Sprakel und der Promenade. Stattdessen wurde allen alles und jedes versprochen.

Von einem wiedergewählten Oberbürgermeister, den meine Partei in der Stichwahl unterstützt hat, erwarten wir mehr!

Münster braucht weniger Städtetagspräsident, Münster braucht mehr Oberbürgermeister.

Ihre Stimme, Herr Oberbürgermeister, wird nicht einen Tag nach einer Ratssitzung auf Facebook gebraucht, Sie wird hier in den Sitzungen des Rates gebraucht.

"Eine Priorität in 2022 hätte aus unserer Sicht beim Thema Mobilität liegen müssen."

Wer allen Alles verspricht, wird häufig auch alle enttäuschen. Dieser Haushalt ist ein Haushalt der vertanen Chancen. Gerade in Zeiten knapper Kassen, muss stärker auf die Ausgaben geschaut werden, müssen Prioritäten gesetzt werden. Da dies zum wiederholten Male ausgeblieben ist, haben die Freien Demokraten die Initiative ergriffen und beantragen in Vorbereitung des Haushalts 2023 einen interfraktionellen Arbeitskreis, der vorab Prioritäten und inhaltliche Ziele erarbeitet, auf dessen Basis die Verwaltung einen Haushaltsentwurf erstellt. Ich bin dankbar, dass diese Initiative eine breite Unterstützung gefunden hat.

Eine Priorität in 2022 hätte aus unserer Sicht beim Thema Mobilität liegen müssen. Denn der grünen PKW-Verhinderungspolitik muss endlich eine Verbesserung des ÖPNVs entgegen gestellt werden. Es reicht nicht, einfach nur zwei neue Personalstellen zu schaffen, die ohne weitere investive Mittel, auch nur weitere Berichtsvorlagen schreiben können.

Deswegen wollen wir nicht nur die Einsparungen der Verwaltung bei den Mobilstationen und Busvorangspuren rückgängig machen, sondern mehr Geld in die Jahre 2022 und Folgejahren bereitstellen. Das Ziel muss sein, dass 2022 begonnen wird an der A43 eine Mobilstation, die ihren Namen auch verdient hat, zu bauen und mindestens testweise eine Metrobuslinie zu installieren. An die Adresse der Mehrheit in diesem Haus gerichtet, möchte ich sagen: Nicht an den Worten, sondern an Taten werden wir Euch messen. Und wäre insbesondere bei den Grünen die Motivation bei der Attraktivierung des ÖPNV nur ansatzweise so groß wie bei den Restriktionen für den Autoverkehr - Münsters ÖPNV stünde heute schon besser da!

Gerade die Menschen aus den Außenstadtteilen und aus dem Umland haben ob der begrenzten Kirchturmpolitik des Bündnisses beim Thema Mobilität Angst davor, dass Münsters Zukunft verspielt wird.

Die engstirnige Verkehrspolitik kann mittelfristig dafür sorgen, dass Münsters Haushalt nicht nur ein Ausgaben-, sondern auch ein Einnahmeproblem bekommt. Dies gilt es aber zu verhindern. Deswegen ist Tatendrang und Kreativität und nicht Ideologie gefragt!

Mehr Busse, mehr Mobilstationen, mehr Busvorrangspuren, mehr Züge aus und ins Umland müssen genauso geschaffen werden, wie die Velorouten und bessere Radwege. Das müssen die Prioritäten sein, bevor man einer Durchfahrtssperre am Bült das Wort redet, wo nicht klar ist wie sie kontrolliert werden soll und was sie bringen soll. Ökologische Vernunft heißt auch unnötige Umwege für die PKWs zu verhindern und nicht neue zu schaffen! Ein Umstieg vom Auto schaffen wir nur durch die Attraktivierung anderer Verkehrsträger und nicht durch die Unmöglichmachung des Autoverkehrs. Dies gilt im Übrigen nicht nur für die Innenstadt, sondern auch für Stadtteile wie Handorf, Wolbeck und Roxel.

"So wie sich Verwaltung hätte stärker beschränken müssen, so hätte dies auch Politik tun müssen."

So wie sich Verwaltung hätte stärker beschränken müssen, so hätte dies auch Politik tun müssen. Eine Baumschutzsatzung mit mehreren Personalstellen ist unserer Auffassung nach ganz sicher nicht das, was wir brauchen - insbesondere dann nicht, wenn nach einem Jahr des Moratoriums in 2022 wieder ein ordentlicher Schluck aus der Personal-Pulle in Form von fast 100 neuen Stellen genommen werden soll. Da helfen auch keine linke Tasche, rechte Tasche Tricksereien des Bündnisses beim Thema Nachtbürgermeister. Diese Stelle durchzuwinken und beim Münster Marketing anzusiedeln, ohne einen Gegenfinanzierungsvorschlag zu unterbreiten, ist nicht das was, Freie Demokraten unter solidem Haushalten verstehen. Und dem Hilferuf des Kommunalen Ordnungsdienst nach Personal zum Eigenschutz zumindest teilweise zu überhören, aber gleichzeitig bei der Parkraumüberwachung 8 Stellen zu schaffen, Setzt der Personalpolitik des Bündnisses mit Unterstützung der neuen Internationalen Fraktion ÖDP/Die Partei eine unrühmliche Krone auf.

"Mit Blick auf personelle und finanzielle Ressourcen der Stadt müssen wir eine wichtige Priorität bei der Bildung setzen."

Wenn ich gerade davon gesprochen habe, dass sich Politik stärken beschränken muss, dann will ich hierfür gerne auch noch Beispiele der Freien Demokraten nennen. Mit Blick auf personelle und finanzielle Ressourcen der Stadt müssen wir eine wichtige Priorität bei der Bildung setzen. Das heißt, dass ambitionierte und auch von meiner Fraktion stets unterstützte Ausbauprogramm von Schulgebäuden, muss umgesetzt werden. Hier müssen wir gemeinsam nach pragmatischen Lösungen suchen, um zumindest bei der Umsetzung von Projekten den Knoten zu durchtrennen. Daraus folgt für uns aber auch, dass Projekte, die man teilweise nur wohlwollend im Stadium der Entwicklung bezeichnen kann, aktuell nicht umsetzen kann. Dazu zählt für uns der Musikcampus. Hier sind elementare Fragen offen - vom Betreibermodell bis hin zu Fragen von Kosten für einen Alternativbau der Westfälischen Schule für Musik -, die es uns unmöglich machen weitere Budgets in den kommenden Jahren zu bewilligen. Und auch bei aller persönlicher Sympathie für ein Sport- und Freizeitbad in Roxel, sind meine Fraktion und ich der Auffassung, dass wir die geplanten bereitgestellten 5 Mio. Euro zurzeit nicht haben und besser investieren sollten.

Und einen weiteren Punkt will ansprechen. Seit Jahren haben wir ein Baulandprogramm, dass aktualisiert wird. Sie sind die Grundlage dafür, dass Verwaltung liegenschaftliche Angelegenheiten klärt und die Flächen über Flächennutzungspläne und Bebauungspläne der Verwertung zuführt. Dies ist mit hohem personellem Einsatz und finanziellen Ressourcen verbunden. Dass nun erst beim Satzungsbeschluss für einen Bebauungsplan, also am Ende des Prozesses, ein Baugebiet in Hiltrup gestoppt wurde, darf kein Dammbruch sein und darf sich nicht wiederholen. Dies war wohnungspolitisch Unverantwortlich und mit Blick auf Personal und Finanzen eine der teuersten und unnötigsten Entscheidungen seit Jahren. Dafür trägt das Bündnis die volle Verantwortung!

Die Freien Demokraten lehnen diesen Haushaltsentwurf ab!

Münster steht vor großen Herausforderungen. Die Bewältigung der Pandemie steht ganz oben. Ich bin überzeugt: Gemeinsam werden sie bewältigen können.

Aber auch finanziell werden die Herausforderungen mit jedem Jahr, in dem wir nicht strukturiert handeln, größer. Eine Haushaltssicherung kann nun wirklich keiner Wollen. Um sie zu verhindern, müssen wir von unseren zum Teil hohen Ansprüchen runter. Lieber das Machbare erreichen, als die Träume verlieren.

Da dieser Haushalt dieser Maxime in keiner Weise folgt, werden die Freien Demokraten diesem Haushaltsentwurf ablehnen!